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Architektur von Mario Botta

Geschrieben von FORTYSEVEN Redakteur | 14/08/2024

Angekommen in Mendrisio stehen wir vor Mario Botta’s Büro und eins können wir bereits jetzt sagen, irgendwoher kommt uns das Gebäude durchaus bekannt vor. Aber wie sagt man so schön: Der «rote Faden» in Botta’s Architektur ist klar ersichtlich. Mario Botta ist der Stararchitekt, der die Wellness-Therme FORTYSEVEN entworfen, über Monate weiterentwickelt, angepasst und nicht zuletzt gebaut hat. Was – zumindest auf den ersten Blick – nicht offensichtlich ist, es ist mehr als nur ein Gebäude!

Wir haben Mario Botta am 17. Juni 2024 in seinem Büro in Mendrisio besuchen dürfen. Mit seinen über 80 Jahren macht er immer noch einen topfitten Eindruck auf uns und bereits bei der Begrüssung wirkt er sympathisch und zugänglich. Er hat nicht allzu viel Zeit, aber er hat sie sich genommen, um mit uns über seine Arbeit und sein «Badener-Bäder-Projekt FORTYSEVEN» zu sprechen.

 

Von der Limmat zum FORTYSEVEN

Wer Baden kennt, kennt mit Sicherheit auch das «Limmatknie» - in welcher Angekommen in Mendrisio für ein Interview mit Maria Botta die Wellness-Therme FORTYSEVEN ihr Zuhause gefunden hat. Bereits zu Römerzeiten wurde in Baden gebadet und auch später, im Mittelalter war «baden in Baden» stets ein grosses Thema. Es gab sogar die «Spanisch Brötlibahn», dank welcher die wohlhabenden Zürcher ins kleine Baden chauffiert wurden, um hier zu Kuren, zu wellnessen und sich zu erholen. Kurz gesagt, die Badener Quellen haben einen durchaus wichtigen Stellenwert in Baden. Das findet auch Mario Botta und hat sowohl die Geschichte als auch die Natur in der Architektur des FORTYSEVEN einbezogen. Zu Beginn des Gespräches fällt schon häufig das Wort «Wasser» und es wird schnell klar, dieses Element hat eine enorme Bedeutung im ganzen Prozess Botta’s.

Alleine durch die Lage und Positionierung des Gebäudes, welches durch natürliche Gegebenheiten – heisse Quellen im Untergrund – nicht den einfachsten Baugrund hat, entstanden klare Voraussetzungen. Dazu kamen die Wünsche und Anforderungen an den Neubau einer Wellness-Therme, die einerseits von der Stadt Baden und den Eigentümeren der Liegenschaften definiert wurden.

Aber von Anfang an: 2008 bereits wurden einige Architekturbüros zu einer Machbarkeitsstudie eingeladen. Von den unterschiedlichen Konzepten haben Mario Botta und sein Team die Studie gewonnen und Baden war bereit, dieses Projekt anzugehen. Das war also quasi der Startschuss des Entwurfs und dessen Umsetzung. 2012 wurde dann das alte Thermalbad abgerissen und die Archelogischen Arbeiten von Andrea Schär haben begonnen. Mehr über die Arbeit von Andrea Schär und Ihre Ausgrabungen gibt es hier zu lesen.

Für Mario Botta gilt: Keine Herausforderung ist gross genug, man sucht immer nach der perfekten – zeitgemässen und sich in die Natur einfügenden – Lösung. Wie aber entwickelt man ein solch grosses, für Baden bedeutendes Haus? Worauf legt man Wert? Welche Form passt? Wie kann auch im Inneren des FORTYSEVENS, was damals übrigens noch nicht so hiess, eine Geschichte entstehen? Wie werden die Bäder aufgeteilt? Und was ist überhaupt mit «Healing Architecture» gemeint?

Unter «Healing Architecture» versteht man eine Architektur, die sich – ohne dass man es selbst wirklich wahrnimmt – positiv auf das Wohlbefinden und die Wahrnehmung auswirkt. Auch Mario Botta hat sich diesem Thema angenommen, dazu aber später mehr.

 

Vom Wasser zum Wasser 

Für staunende Gesichter sorgte er auch mit dem neuen Bau FORTYSEVEN. Während dem skizzieren war es ihm stets ein Anliegen, dass das wohl wichtigste Element einer Wellness-Therme in den Vordergrund gestellt wird: Das Wasser. So sieht man heute aus jedem einzelnen Becken des FORTYSEVENS auf noch mehr Wasser – die Limmat. Es birgt eine einzigartige Botschaft und verbindet die Wellness-Therme für immer mit der Geschichte des Ortes. Rund um die Anlage werden die Thermalwasserquellen fürs Baden gefasst. FORTYSEVEN öffnet sich mit seinem Volumen zur Limmat und schafft die Verbindung zur umliegenden Natur und das Wasser, welches auch im FORTYSEVEN prominent angelegt ist. Es ist also unschwer zu erkennen, welchen Wert Wasser für damals für Mario Botta und heute für Sie und uns hat. Wussten Sie, dass natürlich fliessende Gewässer eine besondere Wirkung auf den Geist und das Wohlbefinden haben? Es wirkt beruhigend und entspannend, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass alleine schon der Klang eines Flusses mit den gleichmässigen, rhythmischen Geräuschen eine meditative Wirkung hat. Ausserdem erzeugt fliessendes Wasser negative Ionen, die nach einigen Studien positive Effekte auf die Stimmung haben können. Diese Ionen können die Serotoninproduktion im Gehirn fördern, was zu einer besseren Stimmung und erhöhter Entspannung führt.

«Mario Botta ist ein Visionär, er hat die zeitgenössische Architektur massgeblich beeinflusst und sorgt mit seinen ikonischen Bauten weltweit für Aufmerksamkeit.» 

 

 

Schauen wir Mario Botta’s erste Skizzen an, so sehen wir kaum einen Unterschied zum fertigen Gebäude. Ist es nicht genau das, was ein wahres «Wunderwerk» ausmacht, fragen wir uns? Bereits bei der ersten Ortsbegehung hatte Mario Botta eine Idee davon, in welcher Art ein Neubau sich hier in Baden gut und auf natürliche Weise in das Gelände der «Limmat-Kurve» einfügen würde. Dieser Idee ist er gefolgt und so stehen wir heute, gefühlt, vor einer Skizze von 2012 in Realität.

 

Im Interview mit Mario Botta…

FORTYSEVEN: Wir stellen uns den Prozess sehr schwierig und aufwändig vor. Woher kommen Ihre Ideen?

Mario Botta: Baden weist eine sehr lange Tradition des Badens auf. Und auch die Natur und deren Gegebenheiten sind sehr besonders. Meine Idee ist gewissermassen aus dem Boden, der Natur, entstanden. Ergänzt haben sich meine Ideen durch die historischen Hintergründe der Stadt.

FORTYSEVEN: Gibt es sonst noch etwas, das diesen Prozess positiv oder negativ beeinflusst hat? Welche Schwierigkeiten gab es?

Mario Botta: Herausforderungen gab es viele, alleine der durch die Quellen eher schwierigere Baugrund war eine davon. Weitere Herausforderungen betrafen die Bädertechnik, die unterhalb der Becken viel Fläche und Raumhöhe forderte oder die Anforderungen eines Energieeffizienten Gebäudes.

Auch die teilweise etwas unerwarteten neuen Erkenntnisse aus Bestandsaufnahmen - «oh, hier darf man nicht mehr weiter abbauen», - mussten berücksichtigt werden und forderten stetige Anpassungen. Eine Lösung für alle diese Herausforderungen gibt es aber immer, man muss sie nur finden.

Paola Pellandini (Assistentin von Mario Botta): Mario Botta arbeitet eigentlich immer so, dass wir ihm die Anforderungen und möglichen Probleme aufzeigen und er dann solange am Projekt arbeitet und zeichnet, bis er die «perfekte» Lösung gefunden hat. Sowohl optisch als auch technisch.

FORTYSEVEN: Waren Sie häufig in Baden? Und was hat das mit Ihnen gemacht?

Mario Botta: Ja, wir waren von Anfang an oft in Baden. Bereits vor dem Auftrag zur Machbarkeitsstudie und dann immer wieder während der ganzen Projektentwicklung. Wir waren auch häufig vor Ort während der Ausgrabungen. Andrea Schär hat eine tolle Vorarbeit für uns geleistet und es war spannend zu sehen, welche Entdeckungen und Funde sie machen konnte. Was mich aber unter anderem beim Skizzieren sehr geprägt hat war, dass sich die Limmat immer den natürlichen Gegebenheiten anpasst und sich die Farbe durchaus mal verändern kann. Auch das hatte einen Einfluss auf die Wahl verschiedener Materialien.

FORTYSEVEN: Zu Beginn des Gespräches kamen wir immer wieder zu dem Punkt, dass das Gebäude eine Art «Front» zum historischen Stadtviertel bilden soll, welches sich aber zur Natur hin, also zur Flusslandschaft der Limmat öffnet. Es macht den Eindruck, dass Ihre Erfahrungen über die historischen Gegebenheiten und die vielen Ortsbegehungen ein wichtiger Teil in dem ganzen Prozess waren, natürlich zusätzlich zu den natürlichen Inspirationsquellen wie Limmat und Umgebung?

Mario Botta: Das stimmt. Wir haben uns, auch durch die Zusammenarbeit mit Andrea Schär, viel Wissen über die Geschichte Badens aneignen können. Die Funde im FORTYSEVEN, wie beispielsweise das Kesselbad, von dem niemand wirklich gedacht hatte, dass wir es finden werden, war ein Highlight im Prozess und es freut mich sehr, dass es heute sichtbar ist und wir so eine direkte Verbindung - also ein Zeitzeuge - zur Bäder-Geschichte haben. Es war, alles in allem, die perfekte Kombination zwischen Inspiration die ich in der Natur gewinnen konnte und die historischen Hintergründe dieser schönen Stadt Baden.

FORTYSEVEN: Was waren weitere Highlights?

Mario Botta: Der ganze Prozess, dass wir ein Objekt realisieren konnten, dass sich perfekt in die Natur einfügt und wir es geschafft haben, eine offene Atmosphäre zu kreieren. Ein weiteres Highlight war und ist es, dass wir mit dem Bau der Wellness-Therme eine neue Wegführung und vor allem eine Erweiterung der Limmat-Promenade errichten konnten.

Mit den «Fingern» konnten wir ausserdem eine offene Fläche gestalten und die Ausrichtung auf die Natur betonen. Die Aufgliederung bietet grosse und geräumige Aussenflächen, die zum Geniessen und Entspannen einladen. Zeitgleich nehmen wir dem Inneren des Gebäudes nichts weg, sondern öffnen auch diese Bereiche durch die grossen Fensterfronten.

Der Architekt und sein Team sind sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie das FORTYSEVEN heute erscheint und dass man mit den grossen Fensterfronten, wo der Blick immer wieder auf die fliessende Limmat und in die Natur gerichtet werden kann etwas Aussergewöhnliches geschafft werden konnte – finden auch wir!

«Mit dieser Anlage haben wir nicht einfach ein Badehaus konzipiert, sondern eine Thermenlandschaft, in Verbindung zwischen Stadt und Park…Hier kann man verweilen, es lädt zum Geniessen, entdecken und erforschen ein. Die Abfolge von Wänden, die verwinkelten und unterschiedlich grossen Räume und Thermalbecken wollen besucht und erfahren werden…»

FORTYSEVEN ist, wie bereits erwähnt, mehr als ein Gebäude. Es erzählt eine Geschichte, verbindet Natur und Historie und lädt zum Entspannen, Alltag vergessen und Geniessen ein. Danke lieber Herr Botta und Team, für dieses Werk, dass uns unseren Alltag leben lässt und unsere Gäste einen Moment Ferien daheim verbringen dürfen.