«Das grösste Hindernis für das Verständnis ist das Werten»
Friedrich Nietzsche
Welches sind deine stärksten Bewertungen und Vorurteile?
Welche urteilenden Gedanken über dich selbst, über andere, den Raum und die Hitze sind gerade jetzt in deinem Kopf?
Hast du keine Kopfhörer dabei, findest du die Texte zu dieser Station unten.
Die 8. Station findest du im Ruheraum der Textil-Saunen.
Dieser Aspekt ist uns in der Regel nicht so bekannt, denn meistens sind wir mit dem genauen Gegenteil beschäftigt: Bewerten und Urteilen. Dies findet in unserem Kopf fast dauernd statt und ist oft unbewusst. Das macht es so einflussreich. Die Sauna ist eine gute Gelegenheit, dem Bewerten und Urteilen auf die Spur zu kommen.
In der Sauna fällt dein Blick vielleicht bewusst oder unbewusst auf eine andere Person. Wenn das geschieht, beobachte, ob dein Geist ganz von selbst kommentiert: ‘Zu dick, zu dünn, zu gross, zu klein, zu heiss, ....’ - ‘Das ist doch normal, das tun doch alle!’ sagt vielleicht eine Stimme in dir. Stimmt! Unser Kopf produziert laufend bewertende Gedanken. Wir bewerten nicht nur in der Sauna, sondern auch im Alltag konstant, oft sind wir uns dessen gar nicht bewusst. Wir sind es gewohnt, zu allem eine Meinung zu haben. Eigentlich ist nichts falsch daran, wenn es nur nicht soviel negativen Einfluss auf unsere Beziehungen und auf unser Handeln hätte. Hast du eine Idee, wie diese bewertenden Kommentare, die wie ein Radio im Hintergrund immer mitlaufen, dich beeinflussen?
Beim Bewerten vergleichen wir, immer! Wir haben eine Idealvorstellung von Zuständen und Menschen im Kopf und messen die Abweichung davon: ‘Wer ist besser, schneller, grösser, reicher...?’ So befinden wir uns in einem ständigen Wettbewerb. Oft leiden wir selbst am meisten unter den strengen Gedanken gegenüber uns selbst und anderen und unter den grossen, nicht zu erfüllenden Perfektionsansprüchen. Als dein Achtsamkeitscoach lade ich dich ein, das Bewerten in deinem Kopf als solches zu bemerken, es vielleicht leise für dich auszusprechen: ‘Aha, jetzt bewerte oder vergleiche ich gerade.’ Manchmal löst allein das schon eine leichte Entspannung aus. Vielleicht kannst du dann erkennen, dass es sich bei Bewertungen und Meinungen lediglich um Gedanken handelt, die nicht zwingend die Realität widerspiegeln.
Mit Achtsamkeit lockern wir unsere Vorstellung davon, was gut und schlecht, richtig und falsch sein mag. So mag es uns gelingen, frühere Bewertungen, unumstössliche Überzeugungen und vorschnelle Reaktionen fallenzulassen. Es ist jedoch ein Missverständnis, zu glauben, dass wir ohne Bewertungen auskommen. Wir brauchen sie, um uns im Alltag zurechtzufinden und um kluge Entscheidungen zu treffen. Wie finden wir also das richtige Gleichgewicht?
Wenn du in die Sauna eintrittst und deinen Platz gefunden hast, kannst du die Aufmerksamkeit zuerst einmal ganz bei dir behalten. Nimm wahr, wann du zu schwitzen beginnst und wie sich das anfühlt. Vielleicht am Anfang angenehm, vielleicht mit der Zeit unangenehm. Versuche, deine Aufmerksamkeit auf deine bewertenden Gedanken zu richten. Wann kommt ein ‘zu viel’ oder ein ‘zu heiss’? Kannst du unterscheiden zwischen deiner tatsächlichen Körpererfahrung und den Gedanken darüber?
Beobachte dich in den kommenden Wochen in folgender Situation: ein Freund, eine Freundin erzählt dir von einem Problem. Während du zuhörst, kann es sein, dass dein Verstand zur gleichen Zeit viele Urteile über das Gehörte abgibt: ‘Das ist doch Blödsinn... das ist langweilig... ist ja selber schuld...’ Diese Bewertungen passieren, ohne dass wir einen Einfluss darauf haben. Unsere Reaktion darauf können wir aber sehr wohl steuern und der Bewertung ihre Absolutheit nehmen, indem wir uns fragen: ‘Stimmt das so... ist das fair... hängt meine Bewertung mit meiner momentanen Stimmung zusammen?’ Atme dann einige Male tief durch und überprüfe, ob deine Wertungen und Urteile Bestand haben.